Königin der Dunklen Erdhummel im Anflug auf Christrose, 16. März 2015

Endlich brummt es wieder

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Exakt 113 lange Tage sind seit meiner letzten Hummelsichtung 2014 und der ersten im Jahr 2015 vergangen. Nach wochenlangem Wetter-Hin und Her mit vor allem viel Regen war es am 8. März endlich soweit. Ein strahlender Sonntag mit ganz viel Sonne und wärmenden Temperaturen. Und dem so schmerzlich vermissten Geräusch: es brummte. In der so typischen und angenehmen Art wie es nur Hummeln können. Es waren Königinnen der Dunklen Erdhummel (Bombus terrestris) und Baumhummel (Bombus hypnorum), die als erste ihren Winterschlaf beendet hatten. Nachdem sich eine Hummelkönigin aus der Erde gebuddelt hat , heißt es für sie: Aufwärmen! Dafür nehmen die edlen Damen gerne ein Sonnenbad an einer sonnenbeschienenen Hauswand. Dann brummt es endlich auch wieder.

Danach steht Kräfte wiederauftanken auf der persönlichen To do-Liste einer gerade aufgewachten Hummel. Während ihrer winterlichen Kältestarre haben die jungen Königinnen viel Energie verbraucht, die jetzt wieder aufgefüllt werden muss. Nektar heißt das Mittel der Wahl. Die Erd- und Baumhummelqueens vom 8. März haben deshalb zunächst die Energietankstelle Winterheide (Erica carnea) und Schneeball (Viburnum bodnantense) angeflogen.

Erdhummelkönigin in Krokus, 9. März 2015

Gerade Erdhummeljungköniginnen sind gerne auch etwas tolpatschig. Diese schaffte es am 9. März 2015, während ihrer Schlemmerei im Krokus, ihren königlichen Kopf zwischen den beiden Grashalmen einzuklemmen. Ihre Hoheit musste sich ordentlich schütteln, ihn wieder freizubekommen.

Während der Nektar die Kohlenhydrate zur Stärkung liefert, brauchen Jungköniginnen, die Mütter der neuen Hummelgenerationen 2015,  auch eiweißreiche Blütenpollen zum Heranreifen der Eierstöcke. Zusammengefasst heißt dies: die jungen Damen müssen nach dem Aufwachen zunächst durch die entsprechenden Blütenbesuche ihre Körperbiologie in Schwung bringen, damit die Eierstöcke reifen und die Nestsuche beginnen kann. Die Länge dieser Stärkungszeit variert. Zwischen einigen Tagen bis zu sechs Wochen kann es dauern.

Die Hummeln vom 8. März sind noch nicht soweit , denn oh wie trügerisch, nach dem Traumsonntag war zunächst nur am Montag noch Hummelwetter. Weitere Baum- und Erdhummeln erwachten. Ich fand an diesem Tag auch eine ungünstig in einem Hauseingang sitzende Erdhummelkönigin. Diese wollte ich nur an eine besser geeignete Stelle setzen. Es stellte sich allerdings raus, dass die stark von Milben befallene Jungkönigin flugunfähig war. Alle ihre Flugversuche scheiterten kläglich mit einem Plumps auf die Erde. Sie krabbelte über die Erde. Und da auch ihr Hinterbeinpaar einen “lahmen” Eindruck machten,  setzte ich die erschöpfte Hummel in ein Stiefmütterchen. Dort übernachte sie und war zu meiner Überraschung am nächsten Morgen noch anwesend. Ausgeruht und munter – und offensichlich bereit zu neuen Flugversuchen. So sehr sich die Queen auch mühte, ihre Flügel wollten sie eindeutig nicht in die Lüfte tragen. Ein trauriger Anblick und ganz schlecht für die Hummel, denn so hat sie wohl kaum Überlebenschancen. Da sie inzwischen aus dem Stiefmütterchen gefallen war, setzte ich sie in eine größere Schale mit Winterheide. Dort krabbelt sie sofort in die Tiefen der Erica carnea und ward nicht mehr gesehen.

Schreibe nie eine Erdhummel vorzeitig ab

Lange nicht, denn das Wetter verschlechterte sich wieder und bis zum 16. März waren überhaupt keine Hummeln oder andere Wildbienen mehr zu sehen. Umso größer meine Überraschung und Freude, als ich an diesem Tag die flugunfähige Erdhummel in der Ericaschale sitzen sah. Sie hatte tatsächlich überlebt. Und auch am nächsten Morgen krabbelte sie wieder aus den Tiefen der Winterheide empor. Endlich wieder Sonne, weitere Erd- und Baumhummeln flogen umher. Vielleicht von diesen inspiriert und offensichtlich erholt, startet die Flugunfähige jetzt erneut ganz intensive Flugversuche. Der erste endete wieder mit einem kläglichen Absturz. Also wieder zurück in die Winterheide gesetzt. Und ganz klar: diese Erdhummel wollte fliegen.

Dunkle Erdhummelkönigin vor ihrem ersten Flug, 17. März 2015

Eine Woche war sie flugunfähig, dann gelang deser Dunklen Erdhummelkönigin am 17. März 2015 der erste Flug.

Nun ging es schon ein paar Zentimeter weiter. Jetzt plumpste sie in den Blumentopf direkt daneben. Vorsichtig ließ ich sie wieder in meine Hand krabbeln. Bevor ich sie wieder in die Heide setzen konnte, nutze sie lieber meine Finger als Startrampe – und kaum zu glauben, jetzt landete sie tatsächlich anderthalb Meter weiter in der Weigelie und hangelte sich zunächst an einem kahlen Ast entlang. Und eh ich mich versah, saß sie schon gut dreieinhalb Meter gegenüber auf der Erde. Okay, so ganz überzeugend verliefen ihre Flugversuche also noch nicht, aber als ich sie ein weiteres Mal in meine Hand krabbeln ließ, dauerte es nicht lange und endlich flog sie, schraubte sich in die Höhe und immer höher, drehte noch einige Runden über meinen Balkon und flog davon. Ein wunderschöner Anblick und ein Beweis dafür, dass die Natur ihre eigenen Gesetze hat und immer wieder für eine positive Überraschung gut ist. Und ich werde nie wieder eine Hummel vorzeitig abschreiben.

Gestern bei schönem sonnigen Wetter sind weitere Erdhummeln aufgewacht und gestern Nachmittag ein ganzer “Schwung” Baumhummeln. Gleich sieben an der Zahl. Das sind hoffentlich Anzeichen für ein gutes Hummeljahr. Wenn jetzt bald das Lungenkraut blüht, sollten die Ackerhummeln (Bombus pascuorum) folgen. Die Wiesenhummeln (Bombus pratorum) dürften auch schon in den Startlöchern stehen. Und hoffentlich wird es dieses Jahr mehr Steinhummeln (Bombus lapidarius) und vor allem Gartenhummeln (Bombus hortorum) geben.

Letztere, die sehr langrüsselige Gartenhummel, möchte ich als Beispiel nehmen, wie wichtig es ist, dass genügend Nahrungspflanzen für die Hummeln, aber auch für alle anderen Wildbienen, vorhanden sind. Es waren 2014 hier sowieso sehr wenige Gartenhummeln unterwegs, aber als ich im Juli noch zwei Fingerhutpflanzen aufstellte, tauchte plötzlich wie aus dem Nichts eine Gartenhummelarbeiterin auf. Gartenhummeln zählen zu den rückläufigen Hummeln, viele Arten sind leider schon ausgestorben. Bitte lassen wir es nicht dazu kommen, dass noch mehr verschwinden.

Get the Buzz

Laden Sie die wundervollen und so wichtigen Flieger in ihren Garten und Balkon ein, indem sie einfach Nahrungspflanzen für die Hummeln pflanzen. Deshalb möchte ich auf eine aktuelle und sehr schöne Aktion von Cornel van Bebber auf der Webseite aktion-hummelschutz.de aufmerksam machen, an der Sie noch bis zum 22. März teilnehmen können:  Get the buzz – Saatgut für Hummelpflanzen mit anderen Hummelfreunden tauschen. Ich würde mich freuen, wenn Sie möglichst zahlreich mitmachen. Zum Wohle der Hummeln und auch zum Wohle für unsere zivilisationsgeschädigte Seele. Danke!

Alle Fotos ©Petra Steinsiek

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